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Zwischen Substanzerhaltung und Funktionssicherheit
Mit Wolfgang Rehn konnte der BDO einen der renommiertesten Orgelrestauratoren zu einem Seminar gewinnen. Er arbeitete über vier Jahrzehnte als Leiter der Restaurierungsabteilung der Orgelbau Kuhn AG in Männedorf, Schweiz.
Abgehalten wurde das zweitägige Seminar am 5. und 6. April 2018 in den Räumen der Oscar-Walcker-Schule in Ludwigsburg. Christoph Ulmer, in seiner Eigenschaft als Mitglied der Arbeitsgruppe Fortbildung, begrüßte die 26 Teilnehmer im Namen des BDO.
Nach einer kurzen Vorstellungsrunde begann das Seminar mit der einfachen Frage:
Wie seriös ist die Anfrage zur Erstellung eines Angebotes?
Man beschäftigt die Gemeinde mit Nachfragen nach Archiv, Historie, etc. Werden diese zufriedenstellend beantwortet, besteht ein ernsthaftes Interesse.
Gleich zu Beginn stellte Wolfgang Rehn in seiner spritzigen, lockeren und offenen Art (teils schweizerdeutsch, mit saarländischem Einschlag) den Unterschied zwischen Restaurierung und Restauration (Verköstigung) klar. Ein Euro je Versprecher – tatsächlich ist der Ausdruck nur einmal gefallen.
Der Inhalt war klar gegliedert:
Vor dem eigentlichen Angebot ist es zwingend notwendig, einen – strikt neutralen – Bericht über das Instrument zu erstellen. Dieser kostet Zeit, Geld, ist geistiges Eigentum; das sollte der Gemeinde auch mitgeteilt werden. Danach werden erst Leistungsverzeichnis und Kalkulation erstellt. Bereits im Bericht sollte man die Orgel in Teilbereiche gliedern, welche später bei Ausbau, Restaurierung, bis hin zur Dokumentation fortlaufend ergänzt werden.
Nach Auftragserteilung sollte man sich für den Ausbau sehr viel Zeit nehmen. Noch unter Wind können viele Fragen nach Temperierung, Winddruck, etc. beantwortet werden.
Als Abschluss wird eine Dokumentation erstellt. Sie beinhaltet im Prinzip: den Bericht, das Angebot, die Ausführung, sowie die Erkenntnisse.
Da zum Schluss noch etwas Zeit blieb, gab Wolfgang Rehn noch einen kurzen Überblick zur Restaurierung von Windladen. Dies löste bei den Teilnehmern den Wunsch aus, in der Zukunft auch praxisorientierte Workshops einzelner Teilbereiche zu besuchen.
Wie auch bei vorherigen Workshops, war eine der Grundstimmen in der Abschlussrunde: Die Kooperation, das Miteinander, der Austausch unter den Kollegen im Orgelbau.
Fazit von Wolfgang Rehn: (Zitat)
„Wir bieten seriöse und verlässliche Angebote, streben aber eine Vergütung hierfür an (keine Dumpingpreise).
Wir untersuchen jede Orgel wertungsfrei, ohne Vorurteile, akzeptieren ihre Einzigartigkeit.
Wir arbeiten auf einem hohen Niveau, wägen ab zwischen Substanzerhaltung und Funktionssicherheit.
Wir wollen diese Arbeiten aber auch gewinnbringend vergütet wissen.“
Zum Schluss sei auch Herrn Schieder, Studienrat an der Oscar-Walcker-Schule gedankt. Er bot Interessierten während der Mittagspause Führungen durch die „neuen“ Werkstatträume an. Für den Autor ein bewegender Moment seit der Gesellenprüfung 1982.
Markus Graser
Orgelbaumeister
Gab es Unterlagen, die verteilt wurden, dass man evt. einen kleinen Artikel für das ISO Journal daraus bauen könnte?